Innovative Air Mobility and Services

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Unter dem Begriff „Innovative Air Mobility and Services“ werden neuartige Konzepte der Luftfahrt, insbesondere in den Bereichen der unbemannten Drohnendienste und des individuellen Passagierverkehrs, verstanden. Dazu gehören bspw. Inspektionsaufgaben, Sicherheitsdienste, medizinische Versorgungs- und Transportdienste („Innovative Aerial Services – IAS“) sowie der Passagier- und Frachttransport über kurze Strecken im innerstädtischen oder ländlichen Bereich („Innovative Air Mobility – IAM“). Diese Konzepte gehören derzeit zu den stärksten Wachstumsfeldern im Luftverkehr.

Ziel bis 2035:

  • Flächendeckend neue, hochautomatisierte und autonome Drohnendienste
  • Innovative Lufttransportdienste in ersten Leitregionen

Ziel bis 2050:

  • Umsetzung neuer Verkehrskonzepte in mehreren Gebieten, vernetzte Routen
  • Ausbau der Infrastruktur für innerstädtischen, innovativen Passagierverkehr
  • Hochautomatisierte Passagierdienste

Für die Umsetzung ist neben der Erforschung der technologischen Voraussetzungen die begleitende Gesetzgebung und Standardisierung unter Einbeziehung der relevanten Interessengruppen, insbesondere EU-Regulierungsbehörden, nationale Luftfahrtbehörden, Standardisierungsstellen, öffentlich-private Partnerschaften, Betreiber und Hersteller, entscheidend. Erste Pilotprojekte wurden bereits durch verschiedene Städte realisiert, welche als „Reallabore“ bzw. „Blaupausen“ diese Dienste implementieren und die Machbarkeit unter Realbedingungen nachweisen. Die Aktivitäten umfassen hier die Definition einer sicheren Systemarchitektur, die Umsetzung abgestimmter Regularien und die Definition der Rollen, Pflichten und Verantwortlichkeiten zwischen den Beteiligten. Technische Überschneidungen und gemeinsamer Forschungsbedarf besteht insbesondere bei den verwendeten Fluggeräten – im Bereich der Drohnendienste werden vorrangig unbemannte, kleine Drohnen mit mehreren Propellern oder starren Flächen verwendet während beim Passagiertransport in der Regel größere, elektrisch angetriebene „Vertical Take-Off and Landing Aircraft“ (eVTOL) zum Einsatz kommen.

Innovative Aerial Systems

Zu den unter Nutzung von kleinen, unbemannten Fluggeräten durchgeführten Diensten gehören die Lieferung von medizinischen oder anderen Gütern, Sicherheits- und Brandbekämpfungsaufgaben und andere Aufgaben der Behörden und Organisationen mit Sicherheitsaufgaben (BOS), landwirtschaftliche Dienste, Überwachungs- und Monitoringaufgaben und Tätigkeiten im Unterhaltungs- oder Freizeitkontext. Für manche Aufgaben, wie den Lastentransport, werden auch größere Drohnen eingesetzt. Diese Anwendungen werden unter dem Begriff der „Innovative Air Mobility and Services“ (IAS) zusammengefasst.

Die dafür verwendeten, in der Regel kleinen Drohnensysteme werden als „Unmanned Aerial Systems“ (UAS) bezeichnet und bestehen aus einer oder mehreren Drohnen („Unmanned Aerial Vehicle“ – UAV), einem Steuerungssystem, der mitgeführten Nutzlast und die für den Betrieb notwendige Infrastruktur wie beispielsweise Start- und Landeflächen, Hangars, Ladesysteme und Transportboxen. Diese Systeme stellen in ihrer Gesamtheit das Ökosystem eines UAS-Betriebs dar und müssen den sicheren und zuverlässigen Betrieb unterstützen sowie den geltenden Vorschriften genügen.

Drohnensysteme werden in den unterschiedlichsten Ausführungen entwickelt, jeweils spezifisch angepasst an die jeweiligen Einsatzziele. Beispiele hierfür sind:

  • (Schwer-)lastdrohnen mit großem Transportkörper (z. B. als Ersatz für Klein-Lkw)
  • Drohnen für Bau- und Montageeinsätze
  • Drohnen für Aufklärungs- oder Monitoringaufgaben mit großer Reichweite und langer
  • Drohnen zum Einsatz in der Landwirtschaft (z. B. Düngemittelausbringung)

 

Die Verbindung zwischen Steuerungsplattform und UAV wird durch ein sogenanntes „C2-System“ (engl. „Command and Control System“) realisiert. Bei allen luftseitigen Systemen für UAS stellt der sehr begrenzte Bauraum bei geringen Leistungsreserven bzw. hohen Anforderungen an die sogenannten SWaP-C Komponenten (Size, Weight, Power and Cost) die wesentliche technologische Herausforderung dar. Im Fokus der zukünftigen Entwicklungen stehen die Technologien zur Steigerung des Autonomiegrades, für die zum einen neue Flugplanungs- und Steuerungsfunktionen entwickelt werden müssen, und zum anderen die für die sichere Integration der UAS in den Luftraum (bzw. in den U-Space) notwendigen Technologien für Kommunikation, Navigation und Überwachung (CNS-Komponenten) erforscht und entwickelt werden müssen. Ziel ist es, mittelfristig einen hochautomatisierten bzw. autonomen, sicheren Betrieb von UAS in Koexistenz mit den etablierten Luftraumteilnehmern zu ermöglichen. Dafür bedarf es neuer Systeme zur Datenfusion und -gewinnung und zum Austausch luftverkehrsrelevanter Daten über verschiedene, vernetzte Plattformen.

Einen Spezialfall stellen die Drohnenschwärme dar, welche zunächst von einem Operateur gesteuert und in Zukunft hochautomatisiert oder gar autonom operieren sollen. Dabei muss die Art der Kooperation im Drohnenschwarm unterschieden werden, d. h. ob die unterschiedlichen Drohnen zeitgleich oder nacheinander zum Einsatz kommen und ob jede Drohne die gleiche Aufgabe ausführt oder Teilaufgaben über die Drohnen verteilt sind. Dafür benötigt es neue Planungs-, Steuerungs- und Vernetzungstechnologien, möglich ist beispielsweise der agentenbasierte Ansatz und Cloud-/Edge Computing.

Im Bereich der Fertigung gilt es, automatisierte und kostengünstige Prozesstechnologien zu finden, welche eine hochratenfähige Herstellung ermöglichen.

Als Antrieb kommen neben reinelektrischen Konzepten, welche den Standard bei kleinen UAS darstellen, auch andere Möglichkeiten wie beispielsweise wasserstoffbasierte oder hybridelektrische Antriebe in Betracht. Letztere kommen derzeit insbesondere bei Starrflügeldrohnen mit höheren Einsatzreichweiten und -dauern zum Einsatz.

Es müssen zudem Möglichkeiten erforscht werden, durch digitale Zulassungsmethoden und niedrigschwellige Testmöglichkeiten dem hochdynamischen Markt mit kurzen Entwicklungszeiten Rechnung zu tragen und auch kleineren Unternehmen die Marktteilnahme zu ermöglichen.

Ein wesentlicher Faktor stellt auch die Akzeptanz von UAS in der Bevölkerung dar, welcher durch geeignete Maßnahmen und Technologien begegnet werden muss. Dafür spielen neben den Lärmemissionen auch die Privatsphäre und Sicherheit eine Rolle, zudem müssen Bevölkerung und Infrastruktur vor bewusst oder unbewusst schädlich eingesetzten Drohnen geschützt werden. Dafür sind, je nach Einsatzgebiet, neue Erkennungs-, Verfolgungs- und Abwehrtechnologien zu entwickeln, die beispielsweise auf mechanischen oder elektronischen Maßnahmen basieren können.

Innovative Air Mobility

Der Begriff Innovative Air Mobility umfasst im Wesentlichen Personen- und Frachttransportdienste im innerstädtischen Bereich – dies wird als „Urban Air Mobility“ (UAM) bezeichnet. Die neuen Flugdienste können hier beispielsweise auch den Innenstadtbereich mit den Randgebieten oder dem Flughafen verbinden. Neue Flugverbindungen sind zudem zwischen Städten oder im ländlichen Raum denkbar, das Konzept hierfür wird als „Regional Air Mobility“ (RAM) bezeichnet. Weitere Anwendungsfälle sind medizinische Dienste und Freizeitflüge (z. B. „Sightseeing“).

Wesentliche technologische Herausforderungen liegen unter anderem in der Fluggeräte- und Antriebskomponentenentwicklung. Derzeitige Entwürfe sehen meistens reinelektrische VTOL-Konzepte (sogenannte eVTOL)  für wenige Passagiere und Reichweiten bis etwa 100 km vor, es sind jedoch weitergehende Entwicklungen im Bereich der Antriebskomponenten und Energiespeicher notwendig, um Nutzlast und Reichweiten weiter zu steigern. Für diese Fluggeräte sind unter anderem neue, hochratenfähige Fertigungstechnologien für den Leichtbau sowie fortschrittliche Flugsteuerungs- und Assistenzsysteme erforderlich, die auf längere Sicht den vollautonomen Betrieb ermöglichen. Zudem bedarf es neuer, digitaler Vernetzungskonzepte und cybersicherer Datenlink-Technologien. Der Einsatz von KI und ML-Konzepten kann bspw. dabei helfen, Routen oder Trajektorien zu planen oder Landezonen und Hindernisse automatisch zu erkennen. Um die Akzeptanz des neuen Verkehrsmittels sicherzustellen, sind zum einen der Passagierkomfort durch neue technische Entwicklungen im Bereich des Kabinendesigns und des Flugkomforts zu adressieren, aber auch die Lärmemissionen der Drehflügler zu minimieren.

Aufgrund der hohen Anforderungen an Gewicht und Leistungs- bzw. Energiedichte sind unter Berücksichtigung des großen Designspielraums auch neue, digitale Auslegungs- und Bewertungstools zu entwickeln. Für die sichere Integration in den urbanen Luftraum bedarf es hochgenauer und zuverlässiger CNS-Systeme mit dem Ziel, ein integriertes ATM/UTM Verkehrsmanagement zu ermöglichen. Da Satellitennavigation im städtischen Bereich nur eingeschränkt nutzbar ist, sind hierfür sichere, integre und zertifizierbare Multilink-Ansätze zu erforschen.

Bodenseitig ist die Etablierung einer Infrastruktur in Form von Start- und Landeflächen (sogenannte Vertiports) notwendig, für die bereits erste internationale und europäische Vorgaben bestehen. Diese müssen auch über eine sichere Ladeinfrastruktur verfügen und im Idealfall als Teil eines multimodalen Verkehrskonzeptes über eine Anbindung an andere Verkehrsmodi integriert sein.

Für die Überwachung des Nahbereichs (An- und Abflugsektor) besteht eine wesentliche technologische Herausforderung in der Entwicklung der hochauflösenden Überwachungssensorik, welche beispielsweise auf Radartechnologien oder Multilateration basieren kann und sowohl kooperative wie auch nichtkooperative Luftraumteilnehmer zuverlässig erkennen muss. Automatische oder vollautonome Starts und Landungen erfordern zudem hochgenaue Präzisionslandesysteme, beispielsweise auf Basis augmentierter Satellitennavigation.

Für alle Systeme im Bereich der IAM gilt hierbei, dass die gleichen Anforderungen hinsichtlich Zuverlässigkeit, Verfügbarkeit, Präzision und Genauigkeit wie in der bemannten Luftfahrt erfüllt werden müssen.

 

Übersicht der einzelnen Technologiebausteine im Bereich Innovative Air Mobility

Für den Themenbereich Innovative Air Mobility wurden einzelne Technologiebausteine definiert, die den aktuellen Forschungsbedarf bis 2050 aufzeigen. Gerne können Sie in der nachfolgenden Grafik auf die einzelnen Elemente klicken, dann gelangen Sie in die detaillierten Beschreibungen der einzelnen Technologiebausteine.

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